Architektur & Design

Holz trifft Moderne: Neue Wohnkonzepte aus Schweizer Alpenregionen

Architekten in Graubünden und dem Berner Oberland entwickeln nachhaltige Bauweisen mit regionalem Charakter und innovativer Ästhetik.

Veröffentlicht am 2025-07-04 17:38 | Geschrieben von Yara Bär Walter

Holz trifft Moderne: Neue Wohnkonzepte aus Schweizer Alpenregionen

Im Toggenburg treffen sich jeden Sommer Jugendliche aus der ganzen Schweiz, um gemeinsam alte Volkslieder zu erlernen – nicht als Pflichtübung, sondern aus echtem Interesse. Das Lager „Sing mit mir“ verbindet musikalisches Erbe mit moderner Jugendarbeit und ist nur eines von vielen Beispielen für ein wachsendes Interesse an Schweizer Traditionen.

In Genf betreiben zwei Studentinnen einen Podcast über kulturelle Eigenheiten der Kantone. Ob Silvesterchläuse in Appenzell oder das Zibelemärit in Bern – sie recherchieren, interviewen Einheimische und bringen alten Bräuchen neue Aufmerksamkeit. Ihre Episoden werden mittlerweile auch in Schulklassen gehört.

Die Wiederbelebung von Traditionen erfolgt oft über kreative Kanäle. Auf Plattformen wie Instagram oder TikTok zeigen junge Menschen ihre persönliche Interpretation von Brauchtum: ein Mix aus Stolz, Ironie und echtem Interesse. Was früher verstaubt wirkte, wird durch die soziale Vernetzung wieder populär.

Der Trend zur Wiederentdeckung zeigt sich auch in der Architektur. In Saanen wurde kürzlich ein Gemeindehaus eröffnet, das mit traditionellen Holzschnitzereien gestaltet wurde – entworfen von einem jungen Architektenbüro, das den alten Stil mit moderner Funktionalität verbindet.

Viele dieser Projekte erhalten Unterstützung von Gemeinden oder Stiftungen. Die Stiftung Pro Patria etwa fördert gezielt Projekte junger Menschen, die kulturelles Erbe zugänglich machen. Auch private Sponsoren engagieren sich, wenn Tradition als gesellschaftlicher Wert verstanden wird.

In Luzern gründete eine Gruppe junger Erwachsener ein Vereinshaus, das wöchentliche Handwerkskurse anbietet: Schnitzen, Weben, Kerzenziehen. Dabei geht es nicht nur ums Können, sondern um das gemeinsame Erleben und das Weitergeben von Wissen über Generationen hinweg.

Was diese Initiativen verbindet, ist ihr inklusiver Ansatz. Heimat wird nicht mehr exklusiv verstanden, sondern als Ort der Begegnung, Offenheit und Gestaltung. Viele Gruppen achten bewusst darauf, Menschen mit Migrationshintergrund einzubinden und neue Blickwinkel zu integrieren.

An der Universität Freiburg beschäftigt sich ein Forschungsprojekt mit der Frage, wie sich Zugehörigkeit in einer pluralistischen Gesellschaft verändert. Erste Ergebnisse zeigen: Junge Menschen definieren Heimat nicht als geografischen Ort, sondern als Geflecht aus Beziehungen, Erinnerungen und Werten.

Medienhäuser reagieren auf das gestiegene Interesse: Formate wie „Heimat auf Zeit“ oder „Junge Stimmen aus der Schweiz“ geben Jugendlichen Raum, ihre Sicht auf Tradition, Identität und Wandel zu artikulieren – sei es in Reportagen, Blogs oder Dokumentationen.

Auch Veranstaltungen wie das Eidgenössische Jodlerfest gewinnen an Strahlkraft. Dort treten heute auch Gruppen auf, die Elemente aus Pop oder Slam Poetry integrieren. Das Publikum zeigt sich offen – solange Authentizität und Respekt spürbar bleiben.

Ein bemerkenswertes Beispiel kommt aus dem Aargau: Dort restaurierten Jugendliche in Eigenregie eine verfallene Alphütte. Heute dient sie als Begegnungsort für Schulklassen, Musikgruppen und Kulturprojekte – ein gelebtes Symbol für die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft.

Die Rückbesinnung auf Tradition ist kein Rückschritt. Sie zeigt vielmehr, dass kulturelles Erbe dann lebendig bleibt, wenn es weitergegeben, hinterfragt und weiterentwickelt wird. Die Jugend hat das erkannt – und macht aus Heimat eine Zukunftsfrage.

Teilen: